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Was passiert mit all den vielen kleinen Zicklein ?
Wenn es im Frühling kleine Zicklein gibt, die herum springen und miteinander tollen, freuen wir uns alle.
Dieses freudevolle Ereignis wirft für mich aber auch gleich einen kleinen Schatten: Wir können nicht immer mehr Ziegen behalten. Wir haben hier in Wörme bewusst nur eine kleine Herde Ziegen, die wir auf dem Hof gut betreuen und pflegen können. Sowohl der Platz als auch das Futter sind begrenzt. Das bedeutet, dass zur Geburt auch immer ein Stückchen der Tod dazu gehört. Im Sinne der Landwirtschaft heißt das: Schlachten, "Fleischproduktion"- und alle freuen sich dann über die Salami.

Zum Prozess des Schlachtens gehört die Entscheidung, welche Tiere wir behalten wollen. Dabei spielt das Geschlecht eine gewisse Rolle: die Böckchen können nicht gemolken werden, und wenn sie nicht als Zuchtbock dienen sollen, dann ergibt es sich, dass sie zum Schlachter gehen werden. Noch schwerer ist es aber, bei den weiblichen Tieren zu entscheiden, wer in Zukunft Milchziege werden soll. Hierbei spielt es eine Rolle, von welcher Ziege sie abstammen und wie sie sich entwickeln. Wir wollen schöne, kräftige Tiere, die mit den Voraussetzungen hier vor Ort gut zurechtkommen. Daher fällt diese Entscheidung erst im Laufe der Zeit mit 1- 1 ½ Jahren. Entsprechend der langen Zeit, die sie dann schon auf dem Hof sind, fällt es mir nicht unbedingt leichter, denn sie wachsen mir natürlich alle ans Herz.

Diese Wahl, wer neue Milchziege werden soll, birgt wiederum eine andere Überlegung:
Wenn ich eine neue Ziege zum Melken hinzunehme, wer von den alten Milchziegen soll uns dann verlassen? Denn nicht nur die Gesamtzahl des Bestandes darf nicht zu hoch werden, auch die Anzahl der milchgebenden Ziegen spielt für den Betrieb eine Rolle. Es hat sich gezeigt, dass Milch von 6-8 Ziegen gut von Hand zu melken und auch zu verarbeiten ist. Diese Größenordnung passt zu unserem Gärtnerbetrieb. Die Milchziegen stehen mir durch die täglichen Begegnungen sehr viel näher als die jüngeren Ziegen: morgens und abends werden sie gemolken, jede einzelne Ziege wird tagtäglich zu ihrem Pflock geführt, zweimal am Tag umgestellt und abends wieder in den Stall geholt. Zudem habe ich sie als "Mütter" kennen gelernt, teilweise bei den Geburten begleitet und beobachtet, wie sorgsam sie mit ihren Zicklein sind.

Da kenne ich sie schon sehr genau und durch den intensiven Umgang werden die Eigenheiten umso klarer sichtbar: Anika möchte sich immer schubbern, wenn sie umgestellt wird- ausserdem krümelt sie beim Fressen während des Melkens, am liebsten so, dass auch ich voll mit Hafer bin; Pauline legt sich gerne auf die Melkbank, wenn sie nicht gemolken werden möchte; Ida ist sehr ruhig und hat das größte Euter, so dass alle Mitarbeiter, die das Melken lernen, zuerst bei ihr üben dürfen- das könnte jetzt eine unendliche Aufzählung werden...
Und jetzt kommt die Frage: Wer von ihnen soll zum Schlachter?
Viele Aspekte spielen eine Rolle: die Milchleistung, die Gesundheit, das Alter, das Melkverhalten, wie passt das Tier in die Gruppe?
Wenn ich all diese Entscheidungen getroffen habe, steht immer noch der Gang zum Schlachter an.

Ich versuche, sowohl mich als auch die Tiere darauf vorzubereiten- ohne dabei zu sentimental zu werden.
Ich begleite alle Ziegen zum Schlachter. Die gesamte bevorstehende Situation ist für die Ziegen fremd: bis zu diesem Zeitpunkt kennen sie meist nur den Hof und die Weiden. Durch den vertrauten Umgang mit mir haben die Tiere wenig Angst, sind aber aufgrund der neuen Situation unterschiedlich stark aufgeregt und unruhig. Beim Verladen gehen einige Ziegen problemlos alleine in den Viehhänger, andere müssen mehr oder weniger hinein getragen werden. Auf dem Hänger sind sie oft als neue Gruppe zusammen (4-7 Ziegen), so dass dieser fremde Zustand ebenfalls zu Aufregung führt. Dann fahren wir 14 km nach Eckel zur Schlachterei von Heino Cohrs. Er schlachtet schon sehr lange für den Hof, er ist sorgsam mit den Tieren, die Abläufe sind bekannt und wir arbeiten gut zusammen.

Ich bringe die Ziegen einzeln herein in den Schlachtraum. Auch hierbei lassen sich die Tiere wie beim Verladen unterschiedlich gut führen. Die Ziegen sind dabei neugierig und betrachten die fremde Umgebung. Ich halte die Ziegen beim Schießen fest, streichle sie und bin bis zuletzt an ihrer Seite. So ist der eigentliche Akt der Tötung in meinen Augen so gut gestaltet, wie es mir möglich ist.
Die Landwirtschaft dient dazu, die Nahrungsgrundlage für die Menschen zu erzeugen. Das bezieht sich auf pflanzliche Lebensmittel und auf tierische Erzeugnisse wie Milch, Eier, Fleisch. Tierhaltung dient der Fleischproduktion. Für jemanden, der auf einem Hof aufwächst, gehören diese Vorgänge zum Alltag. Es wird oft nicht so intensiv darüber nachgedacht, weil es schon immer zum Bauernhof dazugehörte.

"Nicht-Bauern" kennen eher den Umgang mit Haustieren, deren Zweck es nicht ist, als Nahrung zu dienen. Diese Tiere werden stark an den Menschen gebunden, in die Familie integriert. Vielen Menschen scheint das Schlachten der Nutztiere sehr grausam zu sein. Niemand macht sich gerne Gedanken über den Tod und das Schlachten. Es ist leichter, die Dinge getrennt zu betrachten: entweder ich schaue mir Tiere an - oder ich esse ein Stück Fleisch, der Zusammenhang wird ungern gesehen.

Da ich nicht vom Hof stamme, aber schon lange in diesem Bereich tätig bin, befinde ich mich zwischen diesen beiden Betrachtungsweisen: mir sind diese Vorgänge immer noch nicht zum Alltag geworden, ich habe keinen "angeborenen Abstand", mir wachsen die Tiere eben doch ein bisschen zu sehr ans Herz. Ich muss gestehen, dass ich den Umgang und die Haltung der Tiere so spannend, wichtig und wertvoll finde, dass ich mich an die eigentliche Aufgabe der Tiere als Nutztiere auf dem Hof immer wieder auf´s Neue erinnern muss.
Damit aber nicht genug:
Aufgrund neuer Bestimmungen haben sich verschiedene Vorschriften für Schlachtereien verändert, so dass unser Schlachter diesen nicht mehr gerecht wird, bzw. der erforderliche Umbau der Schlachterei unangemessene Kosten mit sich bringen würde. Das hat zur Folge, dass wir einen neuen Schlachter suchen müsse: aber wer geht mit den Tieren so gut und liebevoll um und stellt auch noch so schmackhafte Fleischprodukte her wie Heino Cohrs?

Die Schlachterei Cohrs gibt es seit über 50 Jahren. Es ist ein kleiner Familienbetrieb, der seit vielen Jahren die Fleischverarbeitung für den Arpshof und Hof Wörme nach ökologischen Gesichtspunkten macht. Es ist eine kleine Landschlachterei, die aufgrund der neuen Bestimmungen den Ansprüchen einer großen "Massenschlachterei" genügen soll. Wie soll das zusammen passen?

Eine Alternative aufgrund der neuen Bestimmungen ist, den Prozess aufzuteilen: wir könnten bei einem anderen Schlachter das Töten und Teilen der Tiere machen lassen, und bei Heino Cohrs die Weiterverarbeitung zu den Verkaufsprodukten Salami, Schinken etc.. So würden wir zumindest den geschmacklichen Ansprüchen der Kunden Genüge tun. Aber nach verschiedenen Aussagen zu urteilen, ist der Prozess des Tötens bei anderen Schlachtereien nicht so gut begleitet, oft sehr unangenehm für Mensch und Tier. Diese Seite des Prozesses würde leiden. Es sind schon auch besondere Ansprüche an den Schlachter, wenn ich meine Ziegen am Halsband in den Raum führe, sie beim Namen nenne und beruhige und beim Schiessen festhalten möchte.
Es gibt eine Möglichkeit, dass wir weiterhin in Eckel bei Heino Cohrs schlachten können:
Das Schlachten kann weiterhin stattfinden, wenn es eine Hausschlachtung ist, d.h. wenn wir nur für den Hof zum Eigenverbrauch schlachten. Dieses birgt die Möglichkeit, dass einige Menschen eine gemeinsame Tierhaltung hier vor Ort haben könnten. Das bedeutet, wenn Sie Halter einer Ziege wären, die bei uns auf dem Hof auf der Weide steht, dann könnten wir für Sie die Hausschlachtung in Eckel machen und sie könnten die Produkte verzehren.

Ich habe das Gefühl, dass hier die Möglichkeit besteht, die bisherige Ziegenhaltung zu überdenken und evtl. mit Freunden und Kunden eine Lösung zu finden, die das Schlachten bei Heino Cohrs weiterhin ermöglichen könnte. Bisher sind es nur Keime einer Idee, deren Umsetzung mir noch nicht deutlich ist.

Ich denke, es ist wichtig, Lösungen zu finden, die sowohl eine kleine Tierhaltung als auch den Erhalt einer kleinen Schlachterei ermöglichen. Die neuen Vorschriften setzen den Maßstab, den Massentierhaltungen und entsprechende Massenschlachthäuser fordern. Kleine Unternehmen werden nicht gesondert betrachtet, sondern müssen sich unterordnen. Wo liegt die Zukunft? Ich möchte weiterhin nur wenige Ziegen halten und ich möchte sie weiterhin unter guten Bedingungen schlachten. Wie es zukünftig möglich sein wird, ist eine offene Frage. Es ist wichtig, dass die Menschen, die gute Qualität der Lebensmittel wünschen, dabei helfen, dass dies möglich bleibt.

Wenn Sie Interesse an der Bearbeitung des Themas oder Anregungen zur Umsetzung haben, würde ich mich freuen, von Ihnen zu hören.

Ines Pastorino

Hof Wörme No 2

Viel Raum für Entwicklung...

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