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  • Ein besonderer Fall
Eine rührende Begegnung

Manchmal frage ich mich, warum wir uns die viele Arbeit mit den Tieren machen, das ginge doch auch alles einfacher...aber dann gibt es oft Erlebnisse, die mir zeigen, wie wichtig eine so enge Beziehung zwischen Mensch und Tier ist, wie spannend es ist, sie zu beobachten und wie viel man sehen und bemerken kann, wenn man so eng mit den Tieren verbunden ist.

Mein Erleben mit den Ziegen birgt immer wieder Überraschungen und ihre freundliche Art und ihre individuellen Eigentümlichkeiten sind jeden Tag wieder Grund zur Freude und Antrieb, ihnen einen schönen Stall und gutes Futter zu bereiten.

Ziegen leben normalerweise als weidende Herdentiere zusammen und sind Fluchttiere. Sie haben eine deutliche Hierarchie innerhalb der Herde. Wenn sie nun nicht in der Wildbahn leben, sondern z.B. hier auf Hof Wörme, dann sind sie eng an den Menschen gebunden, da dieser dafür Sorge trägt, dass es ihnen gut geht. Auch hier sind sie in ihre Herde eingebunden und sie haben eine eindeutige Hierarchie, aber der Mensch wird in gewisser Weise als zusätzliches Herdentier akzeptiert, das ziemlich weit oben in der Hierarchie steht.
Die Ziegen können sich bei uns nicht wie im Freien suchen, was sie brauchen, sondern der Mensch muss es ihnen liefern bzw. sie dorthin führen. Gleichzeitig bietet er den Ziegen ein sicheres Zuhause, so dass sie keine Wildtiere fürchten müssen. Um gut für die Tiere sorgen zu können, muss ich sie so gut kennen, daß ich ihr Verhalten möglichst immer deuten kann. Denn dann bin ich in der Lage, zu erkennen, ob sie zufrieden, hungrig, satt, hitzig, krank...sind.

Es entsteht also eine enge Beziehung zwischen Mensch und Tier, die für beide Seiten bereichernd ist und beiden Seiten etwas abverlangt. Menschen gegenüber sind Ziegen respektvoll und erst zurückhaltend, sie halten immer eine gewisse Fluchtdistanz, wenn sie nicht ganz eng mit ihnen vertraut sind. Junge Ziegen z.B. lassen sich oft nicht immer gleich von den Menschen streicheln, sie bleiben in Habacht-Stellung und halten immer genug Abstand, um fliehen zu können. Wenn sie uns kennen, dann verändert es sich und sie kommen auf uns zu, um gestreichelt zu werden oder um an unseren Hosen zu knabbern oder Tabak aus der Hosentasche zu klauen...

Dabei ist deutlich zu erkennen, wen sie kennen und wer ihnen fremd ist, da sie sich nicht grundsätzlich von allen streicheln lassen. Durch feste Gewohnheiten, Futtergabe, Streicheln etc. kann eine sehr enge vertrauensvolle Beziehung entstehen. Die Angst, die sonst ihr Richtungsgeber ist, wird durch Vertrauen ersetzt, das sie uns entgegenbringen.
Wenn wir z.B. die Tiere als Herde hinaus bringen, dann folgen sie uns, egal, wohin wir gehen, da sie wissen, am Ende des Weges gibt es eine gute Weide mit Futter, und wenn wir sie wieder hereinholen, wartet gutes Futter für sie im Stall. Ab und zu gibt es Hindernisse auf dem Weg, die sie erschrecken und dann müssen sie jedes Mal wieder neu entscheiden: folge ich der vertrauten Person oder folge ich meinem Fluchtinstinkt. Z.B. haben die Ziegen Angst vor unseren Schweinen, aber auch vor den kleinen Ferkeln, die so wild herum wuseln. Wenn wir an den Schweinen vorbei laufen, werden sie langsamer, nehmen Abstand zu den Schweinen und rennen dann schnell an ihnen vorbei zu ihrem menschlichen Anführer. Je nachdem, wie vertraut ihnen die Person ist, geht es besser oder schlechter.

Für uns ist es hingegen immer wieder eine Überwindung, den großen Ziegenbock Kaspar heraus und herein zu führen, da wir genau wissen, er ist stärker als wir und und wir sind ihm Kräfte mäßig unterlegen. Aber Kaspar schenkt uns sein Vertrauen, dass wir ihn an einen guten Platz führen und wir schenken ihm unser Vertrauen, dass er tut, was wir von ihm wollen, und er uns nicht verletzt.

Diese enge Beziehung, dieses gegenseitige Vertrauen schenken ist für mich einer der wichtigsten Punkte in unserer Ziegenhaltung.
Wie stark dieses Vertrauen werden kann, bzw. wie stark die Ziegen ihre Angst aufgeben können, hat sich in diesem Jahr in einem Fall ganz besonders deutlich gezeigt und mich sehr überrascht, wieweit es gehen kann. Dabei ist mir klar, dass kranke Tiere nicht unbedingt bewusst mehr Vertrauen schenken, sondern vermutlich eher noch weniger ihren Instinkten folgen können.

Aufregend und beängstigend wird es für mich immer, wenn ein Tier krank ist und ich herausfinden muss, was es hat, um helfen zu können. Bei den Wiederkäuern ist das grundlegende das Fressverhalten und die Verdauung. Wenn damit alles in Ordnung ist, dann ist schon viel gewonnen, wenn es nicht normal verläuft, leiden die Ziegen und man muss schleunigst herausfinden, wie man ihnen helfen kann.

Nun hatten wir in diesem Jahr eine junge Ziege, die sehr, sehr krank war, sowohl was die Verdauung angeht, als auch die Atemwege. Es war nicht leicht, die richtigen Mittel zu finden, mit Hilfe der Tierärztin gelang es dann aber. Es war sehr spannend, zu beobachten, wie anders sich die kranke Ziege verhalten hat als sonst. Wenn die Tiere krank sind, ändert sich entsprechend ihrem Gesamtzustand auch ihr allgemeines Verhalten.

Normalerweise sind die Ziegen an ihre Herdengenossen gebunden und ungern alleine, zudem sind sie auf alles leckere aus, was sie erhaschen können. Diese kranke Ziege nun war ganz anders: wir haben sie frei herum laufen lassen, sie blieb aber immer am Stall, da sie keinen Appetit und Hunger hatte. Jede andere hätte die Freiheit genossen und alles gefressen, was sie erreichen könnte. Sie kam ganz dicht zu mir und den anderen vertrauten Menschen und legte den Kopf auf den Arm, und suchte ganz eindeutig die Gesellschaft der Menschen. Sie hat auch Kontakt zu den anderen Ziegen gesucht, aber immer als untergebene und die größeren Ziegen waren zumeist auch sehr zurückhaltend zu ihr, haben nicht ihrer Hierarchie entsprechend gestoßen, sondern sie eher gewähren lassen. Interessant war, dass sie auch zu allen anderen Tieren viel engeren Kontakt gesucht hat, bzw. sie dichter an sich heran kommen ließ. So war sie viel enger bei den Hühnern und Enten als sonst.

Das erstaunlichste für mich war, dass sie auch engen Kontakt zu dem blinden Hund gesucht hat, der derzeit unten beim Ziegenstall wohnt. Es ging soweit, dass sie zu ihm in sein Körbchen gegangen ist und sich von ihm die erkältete Nase hat abschlecken lassen. Das hatte ich noch nie gesehen! Der Hund war ganz entzückend lieb zu ihr. Der Hund war erst sehr überrascht und eher ängstlich vor dem Besucher, da er mit Ziegen auch schon unangenehme Erfahrungen gemacht hatte, aber dann war er ganz behutsam mit der Ziege.

Kurz darauf, als sie wieder gesund war, hat sie wieder den normalen Abstand zum Hund gehalten mit einer entsprechenden Fluchtdistanz. Sie hat ihn wieder respektvoll betrachtet, und kein so enger Kontakt ist noch einmal vorgekommen. Sie hat aber noch ein paar Tage ihre Freiheit genossen, ohne davon gebrauch zu machen, d.h. sie blieb am Stall und hat dort gefressen, obwohl sie an ganz andere Leckereien herankommen konnte. Sie blieb einfach am Stall und hat auch noch einige Tage sehr engen Kontakt zu uns, ihren Pflegern, gehalten. Als sie wieder ganz gesund war, ist sie wieder zurück zur Herde und jetzt hält sie auch zu uns wieder normalen Abstand, jedoch ist sie insgesamt viel zutraulicher geworden.

Es war für mich unglaublich zu beobachten, wie viel Vertrauen sie dem Hund entgegengebracht hat, bzw. wie stark ihre normalen Reaktionen durch die Krankheit verändert waren.

Hof Wörme No 2

Viel Raum für Entwicklung...

Wir sind ein großer Demeter-Bauernhof am Nordrand der Lüneburger Heide.

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Unsere Spezialitäten

  • Brot und Kuchen aus dem hofeigenen Holzbackofen, eigener Sauerteig
  • Milch, Käse & Co.
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  • Suppenhühner frisch
  • Obst, Gemüse und Kartoffeln
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